Dem Wahnsinn ein Stück näher

[Micha]

Letztes WE hatte ich ein konspiratives Treffen auf dem Parkplatzgelände von Günthersdorf.

Da fuhr ein 7,5t LKW vor, die Laderampe wurde heruntergelassen, und dann bekam ich eine Kiste übergeben, die ich in einem schwachen Moment ca. eine Woche vorher auf ebay ersteigert hatte: eine PDP11! So eine Elfe wollte ich eigentlich immer schon haben, meiner Meinung nach ist die PDP11 einer der wichtigsten Meilensteine in der Geschichte der Digitalcomputer.
Bei Abmaßen und Gewicht musste ich dann erst mal schlucken - auf den Fotos hatte das alles irgendwie kleiner und handlicher ausgesehen. Aber was solls, da muss ich jetzt durch.
In dem 19" Blechkasten wie auf ebay ersteigert waren Netzteil, Backplane, CPU-Karte für eine 11/73, 256K RAM sowie eine Karte für 4 serielle Anschlüsse incl. serieller Konsole dabei. Damit kann man dann immerhin schon am @ Prompt Maschinencode in oktaler Schreibweise eingeben und ausführen
Netterweise hat mir der Verkäufer dann noch zusätzlich ein RL02 Laufwerk mit ner "Tortenschachtel" sowie ein RX02 Laufwerk für rel. wenig Geld überlassen. Das Zeugs ist alles unglaublich groß und schwer und solide, mit Platinen so groß wie Kuchenbleche!
Bis auf die unvermeidlichen Elko-Probleme unterscheidet sich diese alte "West" Technik von DDR-Zeugs oder Russentechnik offenbar dadurch, dass die Platinen bzw die Chips drauf quasi "unkaputtbar" sind. Der Verkäufer, der offenbar Langzeiterfahrung mit Technik von digital hat versicherte mir jedenfalls dass die Fehlersuche auf Platinen eher die Ausnahme ist bei diesen Systemen.

Dass die testweise Inbetriebnahme der PDP11 zunächst scheiterte war meine eigene Dummheit. In Ermangelung eines passenden seriellen Kabels hab ich irgendwann entdeckt, dass das 2x5 Kabel für die ISP von Atmels perfekt passt. Hatte nur die Kleinigkeit übersehen, dass die beiden Enden zwar die 10 Leitungen 1:1 durchreichen, aber die obere Kontaktreihe vom einen Ende am anderen Ende unten herauskommt und umgekehrt. Nach einer Nacht drüber schlafen hatte ich das begriffen und konnte die PDP11 CPU schliesslich per Konsole für erste Tests erfolgreich in Betrieb nehmen

Jetzt fange ich an, mich praktisch in die Materie einzuarbeiten.
Ich hab immer noch die Diskussion mit digger dieses Jahr in Garitz im Kopf, wo wir uns drüber unterhalten hatten wie cool es wär, mal einen Computer mit ner richtig "altmodischen" Bedienkonsole nachzubasteln - also mit Kippschaltern und LEDs. Und ich glaub fest daran dass die kommenden Monate und die Beschäftigung mit dem Thema PDP11 gut dazu sein könnten, ein Konzept für einen entsprechenden Bausatz zu entwickeln der eventuell viel Spaß verspricht. Aber bis dahin ist es noch ne Weile...

[drohne235]

FOTOS!!! (Du bist vielleicht verrückt... )

[Klaus-Peter]

Dem Ruf nach Fotos schließe ich mich umgehend an - ist das wirklich so ein schrankwandgroßer Rechner ???? boah cool

Und ich glaub fest daran dass die kommenden Monate und die Beschäftigung mit dem Thema PDP11 gut dazu sein könnten, ein Konzept für einen entsprechenden Bausatz zu entwickeln

na, da freue ich mich jetzt schon drauf
aber bitte nicht in Schrankwandgröße

edit: ups, hatte die 19 übersehen - das erste Bild was ich mit ner PDP-11 über Google gefunden habe war ein PDP-11/40 - Schrank

[Micha]

ihr würdet wahrscheinlich schreiend davon laufen wenn ich jetzt sofort paar ungeschönte Fotos posten würde

Denn ich bin ziemlich sicher, dass unsere Vorstellungen zum Thema PDP11 hier sehr unterschiedlich sind. Das war damals einfach anders:

Wenn wir heute über einen Computer sprechen, stellt man sich typischerweise darunter ein komplettes, funktionsfähiges Ding vor. Ein PC besteht z.B. in unserem Verständnis aus Bildschirm, Tastatur, Maus, und der Kiste in der die kleinen grünen Männchen kreativ arbeiten.
Heutzutage benutzen ja auch viele Leute Notebooks, in dem Fall müssen die kleinen grünen Männchen enger mit dem ganzen restlichen Elektronikschrott zu einer Einheit zusammen rücken. So oder so geht es um eine Einheit , die man sofort einschalten und benutzen kann.

Ganz früher war das anders. Der "Computer", manchmal auch als "CPU" bezeichnet, war eine Kiste. Mit der man für sich genommen kaum was anfangen konnte. Da drin war ein Prozessor, eventuell ein Bus zwecks möglicher Verbindungen zur Aussenwelt. Der Begriff "Bus" meint ein mehr oder weniger logisches oder wirres System, um Komponenten zu verbinden. Manche Computer jener Zeit hatten einen Bus (System von Steckplätzen) bei dem alles total geordnet war, bei anderen System gab es ganz schlimm wirre Drahtverhaue und bestimmte Karten durften per Vereinbarung nur in bestimmte Steckplätze gesteckt werden...

Wenn man heute von einer PDP11 spricht, impliziert der moderne Computerbenutzer einen kompletten PDP11-Computer. Tatsächlich ist es aber mehrdeutig was gemeint ist. Es KÖNNTE ein kompletter Computer gemeint sein, oder eben auch nur eine CPU-Platine. Was ich hier hab sind momentan Komponenten. An der CPU hängt immerhin schon Speicher dran und eine Karte mit seriellem Interface, so dass ich per Terminal schon mal mit oktalen Codes experimentieren kann

[digger]

Fotooooos Michaaaaaa!!!11!!

PDP11 kenn ich noch aus Studiumszeiten .. naja zumindest was davon noch in meinem Hirn übrigengeblieben ist.

[Zeus]

Bekommt man auf dem Gerät einen Spin-Interpreter ans Laufen?

[Micha]

klassische Antwort von Radio Jerewan: "Im Prinzip ja, aber..."

Tatsächlich beschäftige ich mich grade etwas mit der Maschinensprach- bzw. Assemblerprogrammierung, hab dazu ein altes Lehrbuch aus den 1980er Jahren ausgegraben. Es ist atemberaubend, was diese CISC Architekur für verrückte Dinge in einem Maschinenbefehl kombinieren kann. Erkauft mit dem Nachteil, dass so eine einzelne Instruktion ggf. viele viele Takte braucht um ausgeführt zu werden. Das war damals die große Zeit der CISCs, als RAM noch knapp und teuer war.
Die PDP11 soll die Entwicklung des Motorola 68000 stark beeinflusst haben, dort sieht wohl die Situation bezüglich verfügbarer Register und Befehlssatz ähnlich aus.