@zille9
Vorab: Vielleicht ist das folgende, was ich schreibe, ein Mentalitätsunterschied zwischen uns beiden.
Ich glaube, Du vergleichst da Äpfel mit Birnen. Hier geht es um den Hive (welchen man erst einmal erfolgreich aufbauen muss) und nicht um irgend eine Standard-Software für einen Computer, den jeder hat. Dies ist immernoch ein Bastelprojekt und kein Weltumspannendes Software-Projekt. Die Anzahl der User ist gering und die der Macher noch kleiner. Oder denke ich da in zu kleinen Dimensionen?
Genau diese Meinung vertrete ich - ziehe allerdings daraus eine exakt umgekehrte Konklusion: Irgendwelche weltumspannenden Software-Konzerne (z. B. Microsoft, Oracle, Google, IBM etc.) können es sich leisten, bei Open-Source-Entwicklung auf Methoden zu setzen, die für ihre Zwecke am besten geeignet sind oder aus historischen Gründen beibehalten ("die Mitarbeiter sind damit vertraut", "das haben wir immer so gemacht", "obwohl die Masse auf BLUB setzt, ist für unsere Zwecke BLA besser geeignet und wiegt den Nachteil, dass es hierdurch schwieriger ist, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, auf" etc.) werden, zu setzen.
Kleine Projekte können sich, wenn sie wollen, dass neue Leute dazustoßen und aktiv mitarbeiten, sich einen solchen Luxus nicht leisten - hier sollte man auf das setzen, was die Masse an Leuten in der entsprechenden Szene aktuell "hypt" (selbst wenn es bessere Alternativen geben mag) und bevorzugt verwendet, um die Einstiegshürde für neue Mitstreiter kleinstmöglich zu halten.
Apple kann es sich leisten, dass man für OS-X- bzw. iOS-Entwicklung die sonst kaum verwendete Programmiersprache Objective-C verwenden soll. Ein kleines Open-Source-Projekt, das eine eigene Programmiersprache einsetzt, würde kaum Mistreiter finden.
Google kann/konnte (verwenden sie immer noch SCons?) es sich für seine Open-Source-Projekte Chromium und V8 leisten, auf SCons, statt auf das sonst bevorzugt verwendete CMake zu setzen. Ich weiß nicht, wie kleinere Open-Source-Projekte diese Erhöhung der Einstiegshürde verkraften würden.
Linux kann es sich leisten, an einigen Stellen gegen den POSIX-Standard zu verstoßen. Kleinere UNIX-ähnliche Betriebssysteme könnten dies nicht. Umgekehrt, als Linux in den Anfangstagen war, bekam es deswegen eine Menge Hype, weil es eine freie, kompatible Alternative zu UNIX verhieß.
Diese Beispiele belegen, dass vielmehr
kleine Open-Source-Projekte, die nach neuen Mitarbeitern suchen, deutlich
stärker gezwungen sind, sich bei der Zusammenarbeit daran zu halten, was gerade gehypt wird (ob es gefällt oder nicht!).
Die Macht der Verwendung aktuell gehypter Methoden zeigen vielleicht auch folgende Beispiele auf:
Warum hat sich Linux gegenüber Minix durchgesetzt (obgleich Minix in meinen Augen das bessere Kerneldesign hatte)? Weil es aufwändig war, Patches bei Minix beizusteuern, während in den Anfangstagen bei Linux zur Kollaboration einfach auf Newsgroup (damaliges bevorzugtes Kollaborationsmedium der Hackerszene) gesetzt wurde.
Warum wurde bei Linux auf ein UNIX-ähnlichen Kernel gesetzt, statt den wissenschaftlichen Fortschritt viel besserer Kernelarchitekturen zu nutzen? Weil Studenten aus dem wissenschaftlichen Bereich (damals die größte Mitstreitergruppe) mit UNIX gut vertraut war.
Warum hat sich Git "in der Masse der Hackerszene" (mit wenigen Ausnahmen) gegenüber Mercurial, welches fast gleichzeitig herauskam, durchgesetzt? Weil die halbe Hackerszene Linus Torvalds (dem Initiator von Git) und danach Github nachlief.
Damit eines klar ist: Das soll nicht heißen, dass ich das in irgendeiner Form gut finde.
Drohne 0348 starb im mutigem Kampf gegen den Lötkolben einen Heldentod. Die Assimilierung geht mit Drohne 0371 weiter.